Ich persönlich schau mir gerne ein Tutorial an. Denn es ist einfacher, als eine seitenlange Beschreibung zu lesen. Du siehst sofort, wo du klicken musst und wie das Ergebnis aussieht. Mit etwas Übung kannst du das dann schon alleine machen.
Jetzt haben wir den Auftrag bekommen, dass wir Tutorials für eine Software machen sollen. Insgesamt über achtzig Videos, die den Anwendern dann zeigen, was passiert, wenn man wohin klickt. Aber wo fangen wir da am besten an? Und wie bauen wir das auf? Und wie verdammt nochmal soll sich das ausgehen? Ein Erfahrungsbericht.
Planung
Bevor wir mit dem Aufnehmen der einzelnen Videos anfangen können, braucht es natürlich einen Plan. Wie lange sollen die Videos sein? Welche Funktionen, die wir zeigen, sind auch für den Anwender interessant? Wie stellen wir die dann zur Verfügung?
Im ersten Schritt haben wir uns um den Aufbau gekümmert. Zum Glück hatten wir ein Dokument, das normalerweise für Schulungen verwendet wird. Den Aufbau haben wir einfach übernommen. Wir fangen mit der Oberfläche an, beschreiben danach den eigentlichen Hauptbereich der Anwendung und gehen danach dazu über, zusätzliche Funktionen zu erklären.
Die Videos sollen nicht länger als eine Minute dauern, deshalb waren wir auch vom Inhalt beschränkt. Einzelne Funktionen, mehr nicht. Die einzelnen Videos werden dann zu so genannten Lernpfaden zusammengestellt. Beispielsweise sind im Lernpfad für die Oberfläche zehn verschiedene Videos, die nacheinander angeschaut werden können. Dann hat man den abgeschlossen und kann zum nächsten Lernpfad übergehen.
Soweit der Plan. Wir wussten, welche Inhalte wir abfilmen mussten und wie sie aufgebaut sind. Jetzt ging es an die Technik.
Equipment
Für die Aufnahme eines Tutorials brauchst du so genannte Screen-Recording Software. Die gibt es gratis (OBS Studio) oder kostenpflichtig (Camtasia Studio). Bei der kostenpflichtigen Variante kannst du zusätzlich noch das Video fertig schneiden. Brauchen wir nicht – wir haben ja Adobe Premiere – also nahmen wir OBS Studio. Damit hatten wir auch schon Erfahrung.
Für den Ton haben wir einfach ein Headset verwendet. Mit dem Jabra Evolve 65 und OBS Studio haben wir also unsere ersten Testvideos aufgenommen. Mit ein wenig Nachbearbeitung auf der Audiospur in Adobe Premiere haben wir die Videos aufbereitet und dann dem Kunden zur Verfügung gestellt. Der sollte sich die vier Videos anschauen und uns Feedback geben.
Die erste Review
Mehrere Mitarbeiter beim Kunden hatten uns danach Feedback geschickt. Die Video-Qualität war in ordnung – wir hatten in OBS Studio in Full-HD aufgenommen. Der Kunde wollte aber, dass im Tutorial der Mauszeiger hervorgehoben wird. Das haben wir mit einem einfachen, kostenlosen Tool namens „Pointerfocus“ erreicht. Da kannst du den Mauszeiger mit einem farbigen Punkt hinterlegen. Die Farbe und die Größe kannst du einstellen.
Audio war grundsätzlich auch gut verständlich, nur waren manchmal Plopp-Geräusche zu hören. Das war dem Headset geschuldet. War also nicht optimal, ein Mikro musste her. Kurzerhand haben wir das Podcaster von Rode gekauft. Genau das Richtige für Audio-Aufnahmen mit Sprecher.
Soweit, so gut. Die Videos waren mit dem Mauszeiger, der hervorgehoben wurde und dem neuen Mikro akzeptiert worden. Doch eines war noch kritisch: Die Zeit. Denn es sollten achtzig Videos werden – in drei Wochen. Das war dann doch eine Herausforderung.
Zusammenarbeit
Damit wir die Tutorial – Videos in der gewünschten Zeit zusammen hatten, änderten wir etwas an unserem Ablauf. Denn die Videos wurden bisher immer von ein und derselben Person aufgenommen und gleichzeitig besprochen. Aus den ersten Erfahrungen wussten wir, dass die Aufnahme und die Nachbearbeitung für ein Video ungefähr eine Stunde dauern. Macht bei achtzig Videos also achtzig Stunden. Das war zu viel für eine Person.
Wir haben einfach die Produktion aufgeteilt. Der Sprecher war nur mehr fürs besprechen der Videos zuständig. Die Aufnahme selbst wurde auf mehrere Mitarbeiter aufgeteilt.
Jeder, der ein Video aufnehmen sollte, bekam eine Beschreibung, womit das gemacht werden soll. Also mit OBS Studio und Pointerfocus. Die Einstellungen wurden ebenfalls genau beschrieben, damit die Videos auch gleich wirkten. Nur was aufgezeichnet werden soll, war unterschiedlich. Jeder bekam einen anderen Bereich zugewiesen und die Dokumentation dazu.
Das klappte tatsächlich. Jeder lieferte die aufgenommenen Videos in der gewünschten Zeit. Der Unterschied war nicht zu merken. Alle hatten genau darauf geschaut, nicht zu schnell zu klicken und die Maus mit einer ruhigen Hand zu führen.
Anschließend brauchte der Sprecher die einzelnen Videos nur zu besprechen. Das klappte ebenfalls sehr gut. Für die Aufnahme selbst nutzten wir Adobe Audition und das Rode Podcaster.
Nach etwas Bearbeitung in Adobe Premiere wurden die Videos dann an den Kunden geschickt. Und der stellte sie in sein Learning Management System, damit die Mitarbeiter sich auch die einzelnen Videos ansehen und die Lernpfade fertig machen konnten.
Lessons learned
Wir hatten uns das Ganze etwas leichter vorgestellt. Doch nach den ersten Videos haben wir gleich gemerkt, dass sich das zeitlich niemals ausgehen kann. Deshalb mussten wir einen anderen Weg gehen.
Mit der Aufteilung der Aufgaben haben wir das auch geschafft. Und die Befürchtung, dass wir dann für ein Tutorial viel mehr Zeit brauchen werden, hat sich auch nicht bewahrheitet. Denn mit dem neuen Ablauf dauerte ein Tutorial ebenfalls eine Stunde. Die waren aber aufgeteilt auf mehrere Personen.