Es gibt viele Geschichten, die schon mehrmals verfilmt wurden. Zum Beispiel Robin Hood, Zorro oder Sherlock Holmes. Aber warum ist ein Film erfolgreicher als der Andere? Die Geschichte ist ja die gleiche.
Ganz einfach, weil es nicht nur drauf ankommt, was verfilmt wird, sondern auch wie. Einen großen Einfluss darauf hat die Bildsprache. Da spielen Faktoren wie Einstellungsgrößen, Perspektive und Kamerabewegung mit. Du hast keine Ahnung, wovon ich rede? Dann solltest du weiterlesen.
Die Bildsprache
In einem Film kommen verschiedene Einstellungsgrößen, Perspektiven und Bewegungen vor. Die definieren, was du wie zu sehen bekommst. Und das hat einen großen Einfluss darauf, wie das Publikum mitgenommen wird. Dabei werden verschiedene Einstellungsgrößen miteinander kombiniert. Zuerst kriegst du viel Landschaft zu sehen, danach die Person, um die es geht und vielleicht auch mal das ganze Gesicht. Ein gutes Beispiel ist die Eröffnungssequenz von “Willy’s Wonderland“. Hier wird die Hauptfigur ganz klassisch eingeführt.
In dieser Eröffnungsszene wird die Einstellungsgröße oft gewechselt. Am Anfang siehst du einen Long Shot oder Totale aus der Vogelperspektive. Du siehst das Auto, wie es über eine Landstraße fährt. Danach kommt ein Close-Up der Hand am Lenkrad. Wir wissen noch nicht, wer das ist. Danach wieder ein Long Shot mit Bewegung. Du siehst das Auto von der Seite, die Kamera fährt mit. Danach ein paar Close-Ups vom Armaturenbrett und von den Reifen. Und zum Schluss ein Extreme Long Shot, also wenige Details und viel Landschaft.
Nur aufgrund der Bildsprache – hier wurde kein einziges Wort gesprochen – wissen wir, dass sich das Auto auf einer Landstraße befindet. Und wegen dem Close-Up der Reifen können wir erahnen, was passieren wird. Nämlich dass in dieser einsamen Gegend ein Reifen platzen wird. Das ist die Bildsprache. Als Zuschauer wirst du in die ganze Szene eingeführt und du kannst erahnen, was als nächstes passiert.
Ein komplettes Gegenteil davon ist die folgende Eröffnungssequenz aus „Spiel mir das Lied vom Tod“. Denn hier siehst du am Anfang fast ausschließlich Details, kaum die Landschaft. Die kommt erst später:
Hier hast du viele Close-Ups oder Nahaufnahmen. Du weißt, dass sich die alle nicht mögen und das Ganze in einer Schießerei enden wird. Ok, die Sequenz haben wir alle schon hundertmal gesehen. Wir wissen, dass es so kommen wird. Aber genau deswegen wird sie so oft gezeigt.
Das kannst du mit der richtigen Bildsprache erreichen. Den Zuschauer mitnehmen. Drei Faktoren spielen dabei mit.
- Die Einstellungsgröße, die bestimmt, wie viel und was du siehst.
- die Perspektive bestimmt, von wo du das Objekt oder die Figur siehst, und vermittelt eine Emotion
- die Bewegung, die eine Szene statisch oder dynamisch darstellen kann
Die Einstellungsgröße
Es gibt verschiedene Einstellungsgrößen, die alle sogar einen Namen haben. Grob kannst du sie in Long Shot und Close-Up einteilen. Ein Long Shot wird aus der Ferne gemacht, ein Close-Up aus der Nähe.
Der Long Shot – oder auf Deutsch „Totale“ – gibt einen Überblick über eine Szene. Du siehst wenige Details, aber viel rundherum. Je nachdem, wie viel du vom rundherum siehst, gibt es hier noch vier Abstufungen:
- Extreme Long Shot (Supertotale): Viel Rundherum, wenige Details. Wird meistens für Establishing Shots verwendet, also die erste Einstellung einer Szene. Damit wird meistens die Umgebung „vorgestellt“, damit man eine Ahnung hat, wo das Ganze spielt.
- Long Shot (Totale): Wird meistens dafür verwendet, um eine Person oder Gruppe in einer bestimmten Umgebung zu zeigen. Nicht so viel Rundherum, mehr Details. Wird ebenfalls für Establishing Shots verwendet. Du findest einen Long Shot eher in Dokumentationen, wo du einen Überblick über das Geschehen bekommst.
- Medium Long Shot (Halbtotale): Noch näher dran. Die Figuren sind von Kopf bis Fuß sichtbar, aber auch die Umgebung, in der sie stehen.
- Full Shot: Eine Sonderform des Medium Long Shot. Noch etwas näher dran. Du siehst eine Person oder Gruppe, aber wenig Rundherum.
Die Close-Ups zeigen mehr Details und weniger das Rundherum. Der Fokus liegt hier auf einer einzelnen Person oder einem einzelnen Gegenstand. Auch hier gibt’s wieder Abstufungen:
- Medium Shot: Wird auch Cowboy Shot genannt. Weil er häufig beim Western eingesetzt wird. Eine Person ist vom Kopf abwärts bis unter die Hüfte sichtbar. Weil da auch die Revolver hängen.
- Medium Close-Up (Halbnah): Die Figur ist vom Kopf bis zur Hüfte sichtbar. Das entspricht auch dem natürlichen Sehfeld des Menschen und wird deshalb meistens für Dialoge verwendet.
- Shoulder Close-Up (Nahe): Die Figur ist bis zur Mitte des Oberkörpers sichtbar. Du siehst mehr Details im Gesicht der Figur, deshalb wird der Shoulder Close-Up für Dialoge verwendet, wo es neben dem gesprochenen Wort auch noch auf die Mimik der Figur ankommt.
- Close-Up (Großaufnahme): Das Bild ist eigentlich durch den Kopf der Figur ausgefüllt, wobei du den komplett bis zu den Schultern siehst. Hier komm hauptsächlich auf die Mimik an. Wird aber auch für andere Körperteile (Hände beim Zerlegen einer Bombe) oder Gegenstände verwendet.
- Extreme Close-Up (Detail): Es wird nur ein bestimmter Ausschnitt gezeigt, zum Beispiel die Augen der Figur. Der Zuschauer wird auf dieses Detail gelenkt. Du weißt, dass bald etwas passieren wird.
- Italian Shot: Kommt auch vom Western. Nur die Augen sind zu sehen. Spiel mir das Lied vom Tod ist da eines der besten Beispiele.
Die Perspektive
Neben der Einstellungsgröße hat auch die Perspektive einen Einfluss auf das, was im Bild vermittelt werden soll. Die Perspektive bestimmt, von wo die Figur zu sehen ist. Damit wird aber hauptsächlich ein Gefühl vermittelt.
Wenn du in einer Aufnahme eine Figur auf Augenhöhe siehst, verbinden wir das mit unserer eigenen Lebenserfahrung. Du bist auf der gleichen Höhe wie die Figur, die du siehst. Das ist die so genannte „Normalperspektive“. Das Objektiv der Kamera ist unser Auge, wir sehen alles so, wie wir es normalerweise sehen würden. Kombiniert mit einer unruhigen Kamerabewegung auch als „Point of view“-Shot bezeichnet.
Wird die Figur in der Aufsicht gezeigt, sehen wir auf die Figur herab. Du bist also größer als die gezeigte Figur. Es wird das Gefühl der Überlegenheit vermittelt.
Umgekehrt dazu haben wir die Untersicht. Hier sind wir kleiner als die Figur, sie ist uns also überlegen.
Darüber hinaus gibt’s noch übersteigerte Formen. Die Vogel- und die Froschperspektive. Wird aber eher selten verwendet, weil es eben übersteigerte Formen sind, die wir nicht gewohnt sind.
Die Kamerabewegung
Die dritte Komponente der Bildsprache ist die Kamerabewegung. Beim Steady Shot bewegt sich die Kamera nicht, die könntest du auch auf einem Stativ montieren. Der Bildausschnitt bleibt also gleich.
Sobald sich der Bildausschnitt aber verändert, ist das eine Kamerabewegung. Dabei gibt’s hier auch wieder Unterschiede. Die Bewegung über die horizontale Achse (also von links nach rechts oder umgekehrt) ist ein so genannter „Pan“. Ein „Tilt“ bewegt die Kamera von oben nach unten (oder eben umgekehrt).
Darüber hinaus gibt’s auch noch die Kamerafahrt. Hier „fährt“ die Kamera neben dem Objekt her. Der Hintergrund verwischt, das Objekt bleibt im Zentrum der Aufnahme.
Meistens werden Kamerabewegungen sehr sparsam in Filmen eingesetzt. Meistens nur in Verbindung mit einem Long Shot, wenn man einen Überblick bekommen soll, der Fokus aber am Objekt bleibt.
Wie kannst du das jetzt anwenden?
Die Kombination aus Einstellungsgröße, Perspektive und Kamerabewegung bestimmt deine Bildsprache. Selbst bei einem Urlaubsvideo oder beim Filmen auf der Hochzeit deines besten Freundes kannst du das verwenden. Denn damit erzählst du die eigentliche Geschichte, vermittelst Gefühle und nimmst den Zuschauer auf deine Reise mit. Oder auf die Hochzeit deines besten Freundes.
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