Ich kann alles. Letztes Wochenende habe ich zum Beispiel das erste Mal in meinem Leben bei einem Reitturnier mitgemacht. Am Pferd. Mit diversen Aufgaben. Das nennt man Mounted Games. Und was ist passiert? Meine Erwartungshaltung war ein letzter Platz. Aber meine Erwartungen wurden wieder einmal nicht erfüllt – wir wurden Zweiter. Ich kann eben alles. Naja, fast alles. Kameramann bin ich zum Beispiel nicht.
Jedes Mal, wenn ich mir meine Aufnahmen ansehe, die ich gemacht habe, wird mir eins klar: Der Kameramann, der in mir schlummert, hat noch Potential nach oben. Ich kann inzwischen zwar gut einschätzen, welche Einstellung ich bei den Kameras nehmen muss, übersehe aber immer wieder Details wie Sonnenstand, Schattenlänge und Perspektive. Da bin ich offensichtlich zu wenig aufmerksam. Diese Erkenntnis bringt mir aber im Nachhinein nichts, weil die Aufnahme einfach nur schlecht geworden ist. Oder vielleicht doch?
Aus Fehlern lernt man
Beim Filmen habe ich schon unzählige Fehler gemacht. Beim durchsehen der Aufnahmen ärgere ich mich zwar darüber, ich kann daraus aber auch etwas lernen. Das klingt zwar wie im Motivationstraining, du wirst aber nur besser, wenn du weißt, was du falsch gemacht hast – oder eben andere falsch gemacht haben. Das wird dir in der Nachbearbeitung deiner Clips und Filme viel Zeit sparen. Deshalb gebe ich dir hier einmal einen kurzen Auszug aus den Fehlern, die ich gemacht habe. Damit du etwas daraus lernen kannst.
Zu wenige Aufnahmen
Fehler passieren. Nicht nur beim Filmen, sondern auch bei dem was du filmst. Zum Beispiel ist beim Reitturnier letztes Wochenende ein Pferd mitsamt Reiterin auf der nassen Wiese im vollen Galopp ausgerutscht und umgefallen. Sieht spektakulär aus, ist aber zum Glück nichts passiert. Doch die Welt wird es nie erfahren, weil kein Kameramann da war, der das gefilmt hätte.
Deshalb empfehle ich dir: Filme, was das Zeug hält. Achtzig Prozent davon wirst du zwar nicht brauchen, aber lieber zu viele Aufnahmen als zu wenige. Nur so hast du die Chance, auch solche Szenen einzufangen. Am besten, du legst die Kamera niemals weg. Du hast nämlich nur jetzt die Möglichkeit zu filmen und was du jetzt nicht im Kasten hast, kriegst du auch nicht wieder.
Zu kurze Aufnahmen
Ich habe schon oft und viel gefilmt. Von der Geburtstagsfeier bis zum Hochzeitsfilm war alles dabei. Und genau da ist es mir passiert. Ich habe während der Rede des Brautvaters die Aufnahme zu schnell beendet. Deshalb konnte ich sie auch nicht im fertigen Film verwenden. Besonders am Anfang habe ich diesen Fehler gemacht. Ich habe entweder zu spät mit der Aufnahme angefangen oder zu früh aufgehört. Das hat mir in der Nachbearbeitung immer Nerven gekostet. Mit solchen Aufnahmen kriegst du keine vernünftigen Übergänge hin.
Lass dir also Zeit beim Filmen. Fange lieber zwei Sekunden früher mit der Aufnahme an. Wenn du fertig bist, warte nochmal zwei Sekunden, erst dann beende die Aufnahme. Nur so kannst du sicher sein, dass du genügend Spielraum in der Nachbearbeitung hast.
Licht
Jetzt im Herbst, wenn die Sonne schon tiefer steht als im Sommer und es früher dunkel wird, ist es schwieriger, das richtige Licht zu finden. Natürlich kann man das auch dazu nutzen, tolle Aufnahmen bei Sonnenaufgang zu machen, ohne dabei mitten in der Nacht aufzustehen, beim normalen Filmen kann es aber störend sein. Die Schatten werden länger, das Licht ändert sich innerhalb von Minuten. Die Sonne ist gemein – egal ob du draußen oder drinnen filmst. Entweder dein Objekt steht im Schatten und du siehst es nicht oder du filmst gegen die Sonne.
Schau als Kameramann deshalb genau darauf, aus welcher Richtung das Licht kommt. Am besten kommt es von hinten und beleuchtet dein Motiv. Nimmst du gegen die Sonne auf, musst du einen entsprechenden Filter verwenden. Du kannst dir auch mit Reflektoren helfen, um dein Motiv ins richtige Licht zu bringen. Wenn du drinnen filmst, nimm eine entsprechende Beleuchtung.
Ton
Im Urlaub habe ich mit meiner Tochter einen Film über die Finca, in der wir gewohnt haben, gemacht. Sie macht das wirklich toll und hat keine Angst vor der Kamera. Beim durchsehen der Aufnahmen habe ich aber gemerkt, dass sie etwas zu leise spricht, deshalb habe ich den Ton verstärkt. Und dann kam das böse Erwachen. Die Finca hatte einen kleinen Diesel-Generator, der Strom erzeugt. Der lief nur ab und zu. Und eben genau in dem Moment, wo ich aufgenommen habe. Das brummen des Motors kriegst du in der Nachbearbeitung nur schwer weg.
Spitze deshalb vor der Aufnahme die Ohren. Wie laut ist deine Umgebung? Mit einem eigenen Mikrofon, das du auf die Kamera schrauben kannst, ist die Tonqualität um Längen besser. Bei Sprachaufnahmen ist ein Funkmikro noch besser. Durch die Nähe zum Sprecher wird die Tonaufnahme noch besser.
Bewegungen und Zoom
Bei einer meiner ersten Aufnahmen habe ich versucht, besonders spektakuläre Szenen aufzunehmen. Ich habe ständig die Kamera hin- und herbewegt, rein- und rausgezoomt und bin mit der Kamera herumspaziert. Das Endergebnis sieht scheiße aus. Die Bilder sind unruhig, verwackelt und durch den digitalen Zoom teilweise pixelig geworden.
Solange du kein Blair Witch Project drehen möchtest, lass es einfach. Halte die Kamera immer ruhig oder, noch besser, schraube sie auf ein Stativ. Zoomen ist ein absolutes No Go. Ist deine Aufnahme groß genug aufgelöst (4K oder mehr), kannst du in der Nachbearbeitung einen Zoom simulieren. Wenn sich dein Motiv bewegt, dann schwenke die Kamera am Stativ. Musst du deinem Motiv nachlaufen, achte darauf, dass die Kamera nicht zu sehr wackelt. Oder nimm einen Gimbal. Der kompensiert das ganz gut.
Perspektive
Das wichtigste und mächtigste Instrument beim Filmen ist die Perspektive. Damit kannst du als Kameramann dein Motiv ins rechte Licht rücken. Bei einigen meiner Aufnahmen habe ich zu wenig darauf geachtet. Besonders wenn du aus der Nähe filmst, bei Großaufnahmen oder Details, kannst du mit deinen Bildern unterschiedliche Eindrücke erzielen. Filmst du von oben nach unten, sieht dein Motiv kleiner aus, als es tatsächlich ist. Von unten nach oben ist es genau umgekehrt – da vermittelt deine Aufnahme den Eindruck, dass dein Motiv groß und mächtig ist.
In Hollywood-Filmen wird viel mit der Perspektive gespielt. Ein gutes Beispiel ist der Herr der Ringe. Gimli, der Zwerg, wird meistens von oben nach unten gezeigt und erscheint dadurch kleiner. Wird er von hinten gefilmt, zeigt die Kamera nach oben. Spiele einfach ein wenig damit herum und denke immer daran, was du mit deinen Bilder aussagen möchtest.
Üben, üben, üben
Natürlich ist noch kein Kameramann vom Himmel gefallen. Zumindest hat es niemand aufgenommen und geteilt. Mit etwas Übung und Aufmerksamkeit kriegst du aber immer bessere Aufnahmen hin. Schau sie dir an, mach dir Gedanken darüber, was du besser machen könntest und beachte das auch beim nächsten Mal. Nur so wirst du besser.
Wenn du Hilfe brauchst, dann schau dir Tutorials an. Auf Youtube findest du zum Beispiel die DJI Film School, wo dir gezeigt wird, wie du bessere Drohnen-Aufnahmen hinkriegst. Oder such dir zum Beispiel weitere Tutorials. Du musst nicht alles neu erfinden, da gibts schon was.